Veränderung im Staff
Die enge Bindung von Malte Stolley zur SVG wird bleiben
Scout und Co-Trainer zieht sich zurück
Als die SVG Lüneburg im Oktober 2014 nach dem Aufstieg Bundesliga-Neuland betrat, war auch ein Mann frisch an Bord, der seitdem nicht mehr wegzudenken war: Malte Stolley. Als Scout sorgte er für die statistischen Grundlagen der Matches, analysierte die Spiele der LüneHünen und die der Gegner, „sezierte“ anhand von Videos Stärken und Schwächen von aktuellen und potenziellen neuen Spielern und war zusätzlich als Co-Trainer eingebunden. Doch nun ist Schluss. Nach sechs Jahren zieht sich Stolley zurück.
Der Entschluss, kürzer zu treten, ist über Monate gereift, sodass die SVG Zeit hatte, sich um einen Nachfolger zu kümmern. Und dieser Schritt hat vor allem einen Grund: „Mein Privatleben hat gelitten. Freunde wenig zu sehen, Verabredungen absagen zu müssen – das ist auf Dauer nicht gut. Obwohl die viel Verständnis hatten, hat mir das manchmal schon zu schaffen gemacht. Auch, dass ich zum Beispiel nicht zum 60. Geburtstag meiner Mutter konnte. Oder auch der Spagat, die Termine alle zu takten. Privatleben, SVG, Schule – dieses über-organisierte Leben: Schule, wieder los zum Training, am Wochenende die Spiele mit weiten Busfahrten zu den Auswärtsspielen, am nächsten Tag gleich wieder Schule oder den Sonntag nach Auswärtsspielen durchgehangen – das ist körperlich schon sehr anstrengend“, lässt der Lehrer der Oberschule Marschacht mit den Fächern Sport, Erdkunde, Politik, Geschichte und Wirtschaft die Zeit Revue passieren.
Mehr Zeit für das Privatleben dringend erwünscht
„Die Jahre haben mir aber auch sehr geholfen, um mein Leben organisiert zu bekommen. Ich hätte vielleicht nur eher mal ansprechen sollen, dass ich auch mal eine Pause brauche, dass ich mal eine Trainingseinheit ausfallen lassen möchte. Das habe ich mich irgendwie lange nicht getraut“, sinniert der 32-Jährige. Erster Schritt war dann, den zusätzlichen, jährlichen Sommer-Job als Scout der deutschen U20/21-Junioren (u.a. EM-Fünfter 2018) aufzugeben. „Als Trainer Johan Verstappen 2019 aufhörte und nach Bühl ging, habe ich auch einen Schlussstrich gezogen. Wir waren ein gutes Team. Es hat sich dann richtig angefühlt, aufzuhören. Das war eine gute erste Entscheidung, sich etwas vom Volleyball zu lösen.“
Zumal es einen weiteren wichtigen Grund für den Rückzug ins Privatleben gibt: demnächst steht die Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin Merle an, übrigens ebenfalls Lehrerin an der Oberschule Marschacht. An diesen Plänen konnten auch nie die Corona bedingten Einschränkungen etwas ändern. „Den standesamtlichen Termin zu verschieben, kam ohnehin nicht infrage. Allenfalls bei der tags darauf geplanten freien Trauung haben wir über Änderungen nachgedacht, hätten zum Beispiel notfalls im kleineren Kreis gefeiert.“ Doch inzwischen sind große Gesellschaften ja wieder erlaubt.
Was bleibt von den sechs Jahren bei der SVG? „Freundschaften auf jeden Fall“, antwortet Stolley voller Überzeugung, „und die werde ich auch weiter pflegen. Einige Freunde wohnen ja nicht weit weg. Und zur Gellersenhalle und dann zur neuen Arena ist es auch nicht weit“, wird der jetzige Radbrucher den Kontakt zu den LüneHünen halten. Denn da hat er seit dem ersten Tag ganz enge Bande geknüpft. Im Sommer 2014 kam der Ostholsteiner (geboren in Neustadt) vom damaligen Frauen-Bundesligisten VT Aurubis Hamburg, wo er vier Saisons lang Scout und zeitweise auch Co-Trainer war.
„Ich erinnere mich noch sehr gut an das erste Gespräch mit Andreas Bahlburg, war von seinen Ideen und Plänen sofort begeistert. Und als dann noch der große Stefan Hübner, der ja ein Weltklasse-Mittelblocker war, mich anrief und gefragt hat, ob ich in seinem Trainerteam mitarbeiten möchte, war das schon ein komisches, ehrfürchtiges Gefühl. Dann das erste Heimspiel in der Gellersenhalle, diese Stimmung, das hat mich ziemlich umgehauen. So etwas hatte ich vorher noch nie erlebt“, blickt der „Herr der Zahlen“ auf die Anfänge zurück. Und gleich in der ersten Saison die Highlights mit Bronzemedaille und Pokalfinale als Krönung brannten sich als Höhepunkte ein. „Das Finale war zwar schnell vorbei, weil wir keine Chance hatten – ich habe aber trotzdem jede Sekunde genossen.“
Seine Meinung wird weiter gefragt sein
Für immer unvergessen wird ihm auch das Halbfinale gegen Berlin in der CU Arena, dieses unglaubliche 3:2 nach 0:2-Rückstand im Dezember 2018, bleiben. „Im Finale hatte ich dann auf mehr gehofft, wenigstens auf einen Satz. Aber eine wirkliche Enttäuschung war das nicht, Enttäuschungen sind bei mir ohnehin nicht so sehr an einzelne Spiele gekoppelt. Aber bitter war dann wenige Wochen später die letzte Niederlage im Playoff-Halbfinale, bitter, weil man wusste: Nun ist eine tolle Saison vorbei und eine in jeder Hinsicht großartige Mannschaft bricht auseinander. Mit der hätte es noch zwei Jahre weitergehen können.“
Mit dem Herzen ist Stolley ohnehin weiter dabei, will ab und zu mal im Training vorbeischauen und auch im Notfall als Scout aushelfen – aber dosiert. „Es ist für mich einfach wichtig, einen Schnitt zu machen. Aber als Zuschauer will ich bei Heimspielen auch oft dabei sein. Ich hoffe doch, dass ich für die neue Halle eine Freikarte bekomme“, freut er sich schon augenzwinkernd auf die Arena.
Auch seine Expertise wird weiter gefragt sein. „Seine Meinung habe ich immer sehr geschätzt, und das bleibt auch so“, ist sich Chefcoach Stefan Hübner sicher, „ich werde ihn bestimmt immer mal wieder anrufen oder auch ein Video zur Begutachtung schicken. Ich bin ja ohnehin jemand, der sich gerne viel Input holt. Malte war da stets sehr wichtig im Trainerteam. Über die Jahre hat sich ein sehr schönes Verhältnis entwickelt, er ist ein sehr positiver Mensch und ich hatte ihn immer gern um mich herum. Und auch zu den Spielern hat er ja immer einen guten Draht gehabt. Kurz: Es ist sehr schade, dass er aufhört.“