Mittelblocker Matthew Knigge ist selbst nur schwer zu blocken
SVG-Neuzugang ist in Spanien jede Saison stärker geworden
Der Nachname klingt deutsch, es gibt auch deutsche Vorfahren, er hat schon eine Saison hierzulande gespielt, ist sogar schon mal gegen die SVG angetreten und nun wird er ein LüneHüne: Matthew Knigge heißt der dritte Mann für die Position Mittelblock – die damit gegenüber der vergangenen Saison komplett neu besetzt ist. Und zumindest was seine Titelsammlung betrifft, ragt der US-Amerikaner aus diesem Trio heraus.
Knigge, gerade 27 Jahre alt geworden und geboren in New Egypt westlich von Philadelphia, einer kleinen Gemeinde im US-Bundesstaat New Jersey, kommt als frisch gebackener Meister vom in den letzten Jahren wiedererstarkten VC Guaguas Gran Canaria. Dieser Club aus Las Palmas war in den 1990er-Jahren und Ende der 1980er schon einmal ein spanisches Schwergewicht mit vielen Meisterschaften, Vizemeisterschaften und Pokalgewinnen. In der Hauptstadt der Kanareninsel unterschrieb Knigge 2020 erstmals einen Vertrag, nachdem er in der Saison zuvor als Newcomer beim Mittelfeld-Team Arenal Emevé Lugo, einer Kleinstadt im Norden, gleich bester Mittelblocker und bester Angreifer der spanischen Liga geworden war.
Mit Gran Canaria in drei Jahren alles gewonnen
Auf Gran Canaria blieb er bis dato, war 2020/21 maßgeblich am Doublegewinn beteiligt, war erneut bester Mittelblocker, gewann mit CV Guaguas 2021/22 den Supercup (mit Franceso Iribane, zuletzt Giesen) und nun noch einmal die Meisterschaft – „natürlich“ als Erster im Mittelblocker-Ranking – an der Seite von Brandon Rattray, davor Diagonaler bei den Netzhoppers. Zwischendurch in der Sommerpause 2022 holte er in der noch recht jungen, halb-professionellen NVA-Liga der USA die Meisterschaft mit den Las Vegas Ramblers als MVP im Finale. In der 2017 gegründeten NVA (National Volleyball Association), die von März/April bis Juli/August die College-Ligen NCAA (Division I bis III) ergänzt, überbrücken immer mehr Profis die Sommerpause in Europa, derzeit z.B. auch Ex-LüneHüne Colton Cowell (Las Vegas).
Auch Knigge ist nun in der NVA erneut am Ball, bei San Diego Wild. Noch interessanter ist aber der frühe Werdegang des 2,02-m-Mannes. Seine erste Station in Europa war Deutschland: 2018/19 der Zweitligist FC Schüttorf 09. „Damals dachte ich noch, ich würde es nur mal ein Jahr mit internationalem Volleyball versuchen – sechs Jahre später spiele ich immer noch auf diesem Niveau und komme sogar zurück nach Deutschland“, lässt er die Zeit Revue passieren. Mit Schüttorf verlor er am 3. November 2018 im DVV-Pokal gegen die SVG Lüneburg (0:3), wurde in den Berichten aber positiv hervorgehoben: „Einer der Aktivposten der Gastgeber, druckvolle Aufschläge“.
„Auch mir ist er damals schon aufgefallen, und ich habe ihn seitdem nicht aus den Augen verloren“, erzählt Chefcoach Stefan Hübner, „er hat sich immer weiterentwickelt, ist einen interessanten Weg gegangen, war ja auch in den USA nicht an einem der großen Colleges wie Hawaii oder Los Angeles.“ Knigge studierte und spielte 2014 bis 2018 am Vassar College (New York), Division III. „Mir gefallen Leute, die sich so hoch arbeiten“, freut sich Hübner auf den Neuzugang, der „leichtfüßig und gut springt und nur schwer zu blocken ist“. Bemerkenswert ist neben der sportlichen Karriere auch seine familiäre Verwurzelung. Ein Onkel seines Großvaters lebte in Uelzen, andere Verwandte jener Zeit in Bremens Umland. Ob er allerdings mit dem berühmten Adolf Freiherr Knigge verwandt ist, bleibt ungeklärt. Dieser Schriftsteller und Aufklärer des 18. Jahrhunderts wurde ja bekannt durch seine Schrift „Vom Umgang mit Menschen“, ein Leitfaden für gutes Benehmen und Umgangsformen.
Vorfahren lebten in Norddeutschland
Matt Knigge, der Internationale Politische Ökonomie und Russisch studiert hat, fühlt sich nach der Zeit in Spanien und insgesamt fünf Profi-Jahren nun gerüstet für die Bundesliga, die er seit der Schüttorfer Zeit ebenso aufmerksam verfolgt hat wie speziell den Weg der SVG. „Zu beobachten, wie der Club und das ganze Projekt im Lauf der Jahre gewachsen ist, hat bei meiner Entscheidung zum Wechsel eine große Rolle gespielt Ich bin glücklich und fühle mich geehrt, dass ich daran jetzt teilhaben darf und hoffe, dass ich den Fortschritt mit vorantreiben kann.“ Dazu will er sich weiter verbessern, nachdem er schon in der abgelaufenen Saison wieder wuchs – zusammen mit dem Team, das in 30 Spielen in Folge ungeschlagen zum Titel marschierte. In den drei Playoff-Finals zählte Knigge jeweils zu den Besten.
„Ich freue mich auf die neuen Teamkollegen, den neuen Trainerstab, den neuen Verein, auf die Stadt Lüneburg und auf das Abenteuer Deutschland,“ schreibt er. Zuvor aber könnte Knigge nach einer starken Saison erstmals das US-Trikot überstreifen. Er ist nominiert für das Training des B-Teams, das sich im August zur Vorbereitung auf den PanAm-Cup der Verbände Nord- und Mittel-Amerikas sowie Karibik (NORCECA) trifft. Internationale Erfahrung sammelte er schon mit Guaguas, in der vergangenen Saison im Challenge Cup, in der Spielzeit zuvor im CEV Cup. Da kam das Aus erst im Viertelfinale gegen den späteren Pokalgewinner Monza. Künftig kann er sein Können dann ja in der Champions League zeigen. (hre)
Nationalmannschaft
Zweiter Sieg kein Brustlöser
Nach 3:0 gegen Bulgarien folgt nächster Rückschritt
Die Leistungen der DVV-Männer in der Volleyball Nations League (VNL) bleiben auch in der 3. Turnierwoche in Anaheim (USA) wechselhaft. Immerhin gelang der Mannschaft von Bundestrainer Michal Winiarski zu Beginn endlich der zweite Sieg im 10. Spiel.
Zum Auftakt gegen Bulgarien stand gleich der erstmals nominierte Routinier Christian Fromm auf dem Feld, und der 32-Jährige zeigte beim 3:0 (25:22, 25:18, 25:22)-Erfolg, dass er immer noch ein wertvoller Außen ist – nicht nur, weil er schließlich den Matchball verwandelte. Neben ihm vertraute Winiarski noch Moritz Reichert, bisher einer der konstantesten Akteure, in der Mitte Anton Brehme und Florian Krage, Diagonal Linus Weber, im Zuspiel weiter Shootingstar Johannes Tille und dem jungen Libero Leonard Graven, der immer sicherer wird.
Der Eingangssatz war durchwachsen, die Mannschaft lag zunächst meist mit 1 oder 2 Punkten hinten, schaffte dank gutem Aufschlag ab und zu den Ausgleich und lag beim 15:14 erstmals in Führung. Die gab sie nicht mehr her, obwohl Weber noch nicht zur Geltung kam (nur 1 Punkt). Dafür lieferten neben Fromm auch die starken Krage und Reichert. Was sie in Satz 2 nahtlos fortsetzen. Da nun auch bei Weber der Knoten geplatzt war (4), ging dieser Abschnitt relativ ungefährdet bei Zwischenständen von 4:2, 10:7, 11:11 und 18:14 an den DVV.
Durchgang 3 schien dank des nun aufdrehenden Weber (7) und einer schnellen, deutlichen Führung (4:1, 9:5) eine klare Sache, doch die Deutschen verspielten ein 12:7, gerieten beim 13:14 ins Hintertreffen, gewannen dann aber eine Mega-Rally (16:15) und bissen sich mit wachsendem Selbstvertrauen und cleveren Punkten von Reichert (6) durch, obwohl es kurz vor der Crunchtime noch einmal eng wurde (18:19).
Für den DVV spielten und punkteten: Reichert (14), Weber (12), Fromm (8), Krage (7), Brehme (6), Tille (2) – Libero: Graven; eingewechselt: Kampa, Böhme (1), Schott.
Argentinien eine Nummer zu groß
Beim 0:3 (23:25, 18:25, 17:25) nur 20 Stunden später gegen Argentinien mit drei ehemaligen Bundesligaspielern (Luciano Vicentin/Friedrichshafen, Santiago Danani/Berlin, Bruno Lima/Bühl) änderte der Bundestrainer die Starting Six auf drei Positionen: Lukas Kampa für Tille, Tobias Krick für Brehme und Ruben Schott für Reichert. Im Eingangssatz hielt das DVV-Team das Match absolut offen, holte Zwei-Punkte-Rückstände auf und ging selbst in Führung (10:9, 17:16), musste beim 22:22 dann aber u.a. wegen Argentiniens Aufschlagqualität klein beigeben.
Danach aber war das DVV-Team gegen den Bronze-Gewinner der Olympischen Spiele in Tokio 2021 überfordert. Der Gegner um den klasse Zuspieler Luciano de Cecco mit seinen no-look-Pässen machte – im Gegensatz zu den Deutschen – weiter hohen Druck im Service (u.a. 7 Asse) und war auch sonst in allen Belangen besser, sodass der Rückstand für die Mannen um den gut aufgelegten Weber zeitweise Besorgnis erregende, desaströse Formen annahm: 10:16, 13:20 im zweiten, 0:6, 3:10, 10:18 im dritten Satz.
Für den DVV spielten und punkteten: Weber (13), Schott (8), Fromm, Krick (je 3), Kampa, Krage (je 2) – Libero: Graven; eingewechselt: Reichert (5), Tille, Brehme, Böhme (je 1).
Außerdem spielten, Pool 5 in Anaheim/USA: Argentinien – Serbien 3:1, Iran – Frankreich 0:3, USA – Kuba 3:0, Serbien – Kuba 3:2, Bulgarien – Iran 3:2, Pool 6 in Pasey City/Philippinen: Brasilien – Italien 1:3, Japan – China 3:2, Kanada – Niederlande 1:3, Polen – Slowenien 3:2, Brasilien – Niederlande 3:0, Kanada – Italien 2:3, China – Slowenien 1:3, Polen – Brasilien 3:1, Slowenien – Italien 0:3, Japan – Niederlande 3:1. (hre)
Ex-LüneHüne Florian Krage (Mitte) war einer der Besten beim Sieg gegen Bulgarien. Links Johannes Tille, recht Moritz Reichert. Foto: FIVB
NEWS aus der Liga
Der estnische Außenangreifer Albert Hurt wechselt nach einer Saison bei den WWK Volleys Herrsching nach Rumänien zu CSM Brasov.
Weiter auf junge Talente setzt Aufsteiger Baden Volleys Karlsruhe: Als dritter Neuling mit dem Status Junioren-Nationalspieler kommt Libero Mika Ahmann vom Zweitliga-Internatsteam YoungStars Friedrichshafen. Der 17-jährige Libero ist der Sohn von Jörg Ahmann, Olympia-Bronzemedaillengewinner im Beachvolleyball mit Axel Hager 2000 in Sydney.
Einen bundesliga-erprobten und -bewährten Diagonalangreifer hat Neuling FT Freiburg verpflichtet: Von den Netzhoppers KW-Bestensee kommt Randy Deweese (USA, 25).
Auch einen zweiten neuen Zuspieler hat der VfB Friedrichshafen nun wieder unter Vertrag: Sergio Carillo aus Puerto Rico. Der 23-Jährige kommt aus dem College-Team der Purdue University Fort Wayne im US-Bundesstaat Indiana.
Nächster Neuzugang bei den Netzhoppers KW-Bestensee ist Außenangreifer Linus Engelmann (21), in der letzten Saison vierter Mann auf dieser Position bei den Giesen Grizzlys.
NEWS aus der Szene
Neuer Leiter des Bundesstützpunktes Berlin wird – in Elternzeit-Vertretung – Michael Merten, der die SVG Lüneburg 2013/14 in der 2. Liga Nord zum Bundesliga-Aufstieg führte. Der 54-Jährige coachte in den letzten 6 Jahren die deutschen Sitzvolleyballer, war davor und danach lange Jahre Trainer in der Bundesliga und im Ausland sowie bei den DVV-Junioren.
SVG-NEWS in Kürze
Bei der SVG II wird fleißig am Kader für die neue Regionalliga-Saison gebastelt, und dabei gibt es eine dicke Überraschung: Vereinsikone Michel Schlien, langjähriger Mittelblocker in der Bundesliga (und schon vor dem Aufstieg), der seine Karriere 2022 beendete, fängt in der Zweitvertretung wieder an – als Diagonalangreifer.