Glücklose Heimpremiere
Eine Niederlage, viel Positives
LüneHünen fehlt in einem spannenden und ausgeglichenem Match vor allem Cleverness
Ein 1:3 zur Heimpremiere nach einem davor guten Saisonstart kann zu einem Stimmungskiller werden, doch Chefcoach Stefan Hübner sah das 25:16, 20:25, 25:27, 27:29 gegen die Volleyball Bisons Bühl keineswegs negativ. „Wenn die Leistung stimmt und ein Spiel so eng ist, ist eine Niederlage okay – auch wenn sich das merkwürdig anhört. Aber auf diese Leistung können wir aufbauen.“
Der Trainer brachte – natürlich – die gleiche Anfangsformation wie beim 3:1-Coup zuletzt in Frankfurt, wobei die SVG mit Trauerflor spielte, weil zu Wochenbeginn völlig überraschend der Vater von Richard Peemüller verstorben war. Der Diagonalangreifer bekam frei, so lange er selbst es für nötig hält. Nur in Zivil war Dalton Solbrig in der Halle: Grippe. Rückenstärkung bekam das Team von in der Corona-Krise erlaubten 190 Zuschauern, die versuchten, lautstark Stimmung zu machen.
Absoluter Sahne-Satz zu Beginn begeistert Fans
Die Stimmung war auch gleich auf dem Höhepunkt, weil die LüneHünen einen blitzsauberen ersten Satz hinlegten. Annahme, Feldabwehr, eigenes Service, Angriffe – auch im ersten Tempo und mit Pipes – und ein überragendes Blockspiel ließen die Gäste staunend bis ratlos dastehen. Zudem kratzte Libero Tyler Koslowskiy – am Ende starke 69% positive Annahmen – viel weg. Über 8:4 und 16:9 in den technischen Auszeiten kündigte sich ein schnelles und müheloses 1:0 an, da streute dann Spielmacher Leon Dervisaj auch mal ein einhändiges Rückhand-Zuspiel auf Jannik Pörner ein (19:11). Der Diagonalangreifer war mit 21 Punkten erneut auch bester Scorer vor den allgegenwärtigen Jordan Ewert (18).
Noch auffälliger war aber Florian Krage. Satte 9 Punkte (insgesamt 15) verbuchte der Neu-Nationalspieler in diesem Satz, darunter 4 Blocks. Im Verbund mit Michel Schlien (2 Blocks, 1 Schnellangriff) war das ein Mittelblocker-Duo zum Fürchten, eine kaum überwindliche Mauer. Doch: „So ein Niveau kann man nicht durchhalten, das war ein absoluter Sahne-Satz“, erklärte Hübner später, warum das nicht so weiterging. Zumal Bühl sich besser auf die Gegner einstellte und seinen eigenen Rhythmus fand. In Durchgang zwei zunächst besonders in Person des Diagonalen Edvinas Vaskelis (6 Punkte).
Zwar ging die SVG in Abschnitt zwei wieder in Führung, doch die Süddeutschen drehten dann ein 6:5 der Hausherren in ein 6:9 und gaben diesen Vorsprung nur noch einmal wieder her. Da setzte Ewert zwei Monsterblocks hintereinander gegen Außenangreifer Tomas Lopez (17:17, 18:17), doch der immer stärker werdende argentinische Nationalspieler der Bisons lief immer mehrgeradezu heiß und zog sein Team mit. Das drehte den Spieß wieder um und zog in der Crunchtime von 21:20 auf 25:20 weg.
Der dritte Satz ließ nichts Gutes erahnen, doch Hübners Schützlinge fingen sich nach einem 0:3 wieder. Schlien sorgte mit 4 Blocks für Stimmung, Pörner war wieder voll da (7), Ewert beeindruckte weiter mit seiner Konstanz, nur der zuletzt so starke Konrad Thole kam nicht ins Spiel. Dennoch gelang wieder der Gleichstand (10:10), nur kein Umschwung. Immer wieder legte Bühl vor, vor allem durch den emotionalen Lopez, der seine 9 Punkte in diesem Durchgang lautstark abfeierte. Der sprungstarke Wirbelwind (1,90 m „klein“), der oft extreme Winkel schlug, wurde schließlich auch MVP und bester Scorer (23 Punkte) vor Niklas Kronthaler (19). Immer wieder glich die SVG aus – bis in die Crunchtime. Da brachte dann der vierte Satzball die 2:1-Führung in der Verlängerung. „In solchen Phasen war Bühl abgezockter, da müssen wir noch dazulernen“, so Hübner.
Argentinier Lopez macht letztlich den Unterschied
Als dann auch Durchgang vier schnell einen klaren Rückstand brachte (4:7), steuerte der Trainer mit Wechseln gegen, brachte erst dauerhaft den zuvor mehrfach eingewechselten Viktor Lindberg und dann auch Hannes Gerken als neuen Zuspieler. Beide sorgtenauch noch einmal für neuen Schwung, schienen das Spiel sogar kippen zu können, als jeder ein Ass einstreute. Lindberg sammelte noch 5 seiner insgesamt 7 Punkte und wurde vom gegnerischen Trainer Alejandro Kolevich zum Silber-MVP gewählt. Beim 15:14 war das Resultat gedreht und hielt bis zum 19:18. Doch zuvorderst Lopez mit erneut 9 Zählern verhinderte das in der Luft liegende Tiebreak nach zwischenzeitlich in der Verlängerung zwei Satzbällen für die SVG mit dem vierten Matchball – verwandelt von Lopez.
Nur Kleinigkeiten gaben am Ende den Ausschlag, wie schon das Satzverhältnis von 97:97 andeutet. In vielen statistischen Werten waren die LüneHünen sogar besser als der Gegner. Sie sammelten insgesamt mehr Punkte (78 gegenüber 77), mehr Blockpunkte (20 gegenüber 11), waren besser im Angriff (49 zu 44%), versenkten mehr 1. Angriffe nach guter Annahme (48 zu 44%) und waren deutlich erfolgreicher bei Angriffen aus der Abwehr (59 zu 42%). Bühl hatte Vorteile im Aufschlag (9 zu 3 Asse/8 zu 14 Fehler), im 1. Angriff nach schlechter Annahme (46 zu 40%) und im Gesamtwert Annahme (54 zu 50%). Nicht umsonst bilanzierte Hübner: „Ich habe trotz der Niederlage viele positive Sachen gesehen.“
Die SVG spielte mit: Ewert, Schlien, Pörner, Thole, Krage, Dervisaj, Koslowsky; Lindberg, Gerken.