Der nächste verlorene Thriller
Kraftakt beim 2:3 gegen Berlin bleibt ohne Happyend
Es mag verwundern, wenn eine Niederlage als außergewöhnliche Leistung gelobt wird. Genau das war aber das 2:3 (25:22, 25:21, 17:25, 21:25, 15:17) der SVG Lüneburg gegen die Berlin Recycling Volleys. 3200 Zuschauende in der ausverkauften LKH Arena bekamen in 130 Minuten Netto-Spielzeit geboten, was das Duell Zweiter gegen Erster versprach: einen vorweihnachtlichen Festschmaus. Und das war nach den Belastungen für die beiden Champions-League-Teilnehmer in den letzten Wochen durchaus bemerkenswert, insbesondere aber für die SVG, für die das hohe Pensum an Spielen im Gegensatz zum Dauerstarter in der Königsklasse ein Novum ist. Und immerhin blieb ja noch ein Punkt in Lüneburg, der am Ende der Hauptrunde ganz wertvoll sein könnte.
Wieder einmal fünf Sätze, Dramatik pur, Volleyball vom Feinsten: Das scheint Standard zu werden zwischen den LüneHünen und dem Dauermeister. Und das war nach dem – verständlich – kraftlosen Auftritt am Mittwoch in der Champions League nun wirklich nicht zu erwarten. Wieder einmal war es dennoch ein Schlagabtausch auf Augenhöhe, wieder einmal fehlte nicht viel zum Sturz des Favoriten. Im Lager der SVG mag man solche Wertschätzung aber langsam nicht mehr hören. Damit ist schwer umzugehen, wenn einem der mögliche Sieg wieder einmal aus den Händen geglitten ist.
Xander Ketrzynski mit ganz starkem Auftritt
Deshalb ordnete Chefcoach Stefan Hübner das Geschehen auch richtig ein: „Heute hatten wir nur ein Ziel nach dem 0:3 gegen Las Palmas, wo wir mit unserem eigenen Spiel überhaupt nicht zufrieden waren: Wir wollten über eine andere Körpersprache ins Spiel kommen, die letzten Energie-Reserven mobilisieren. Das ist uns ganz gut gelungen, mit etwas mehr Cleverness holen wir uns sogar den fünften Satz. Ich bin einfach nur stolz auf die Jungs.“ Und der Sportliche Leister Bernd Schlesinger fügte an: „Wir haben eine junge Mannschaft. Diese ganze Situation mit den vielen englischen Wochen und so engen Spielen kennen viele noch nicht. Das erfolgreich zu meistern, ist ein Lernprozess. Heute haben sie es über Emotionen, über die Stimmung auf dem Feld gut gelöst. Deshalb bin ich zufrieden – mit dem Ergebnis aber nicht ganz.“
Zum Match: Hübner hatte erstmals seine bei Topspielen übliche Startaufstellung doppelt verändert. Diagonalangreifer Xander Ketrzynski, stark nach der Einwechselung gegen Las Palmas, blieb im Team, dazu überraschte der Trainer mit Youngster Joscha Kunstmann im Mittelblock. Aber beide rechtfertigten das Vertrauen. Ketrzynski war am Ende Topscorer des Matches mit 25 Punkten (darunter 2 Asse, 1 Block) bei einer Angriffsquote von 58%. Kunstmann spielte durch und zeigte keinerlei Nerven.
Ketrzynski eröffnete auch mit dem 1:0, schnell stand es sogar 3:0. Über 12:9 und 17:14 ging es in die Crunchtime (20:15). Berlin, das vor allem Matthew Knigge in der Mitte vernachlässigte (5 Punkte), schien überrascht über die Frische des Gegners, der durch Erik Röhrs den ersten Satz zumachte. Durchgang 2 brachte zur allgemeinen Verwunderung wenig Änderung, obwohl der Aufschlag der Gastgeber bei weitem noch nicht die sonstige Qualität hatte – jeweils 7 Fehler, so viel machte Berlin in beiden Sätzen zusammen.
Zwar legte der Meister eine Führung vor (7:10, 13:15), doch insbesondere Ketrzynski zeigte sich unbeeindruckt (6 Punkte), und die Annahme der Hausherren war eine Bank. So glichen sie zum 16:16 erstmals aus und gingen dann durch Röhrs 18:17 in Führung – inklusive seiner Ehrenrunde über den Court. Die Stimmung in der Arena kochte. Der Favorit konnte das Unheil selbst mit zwei Auszeiten und einer „Alibi“-Challenge nicht mehr stoppen, Ketrzynski verwandelte den Satzball, 2:0, der erste Punkt war auf dem Konto, die Hoffnung auf mehr machte sich im feiernden Rund breit.
Berlins Trainer Joel Banks reagierte, brachte Daniel Malescha für den wirkungslosen Diagonalangreifer Marek Sotola und im Mittelblock Nationalspieler Tobias Krick (Comeback nach auskurierter Gehirnerschütterung), zudem kam der zwischenzeitlich ausgewechselte Timothee Carle zurück. Und der französische Außen wurde ein ganz wichtiger Faktor, wurde von Zuspieler Johannes Tille immer wieder erfolgreich gesucht. Nach gutem Start (8:6) in Satz 3 leistete sich die SVG in schneller Folge gleich drei vermeidbare leichte Fehler und geriet vorentscheidend 11:15 in Rückstand. Das 15:20 eingangs der Crunchtime kündigte einen 4. Satz an.
Achterbahnfahrt in Satz 4 und 5
Dieser begann für die Gastgeber desaströs. Beim 0:3 nahm Hübner schon eine Auszeit, der Rückstand aber wuchs auf 2:10. Inzwischen war Hannes Gerken als neuer Zuspieler auf dem Feld, Außen war Theo Mohwinkel schon seit Satzbeginn nach einer Einwechslung zuvor dabei. Der hohe Rückstand schien die LüneHünen eher anzuspornen als zu frustrieren.Mit einem ungeheuren Kraftakt glichen sie, u.a. mit zwei Assen von Röhrs, auf 11:11 aus – die Arena bebte in ihren Grundfesten. Wenig später zog auch Ketrzynski (7 Punkte) ein Ass aus dem Ärmel, 17:16. Doch die Aufholjagd hatte viele Körner gekostet und Berlin blieb cool. Vor allem Carle, der inzwischen Punkt und Punkt (6) machte. Bis zum 21:23 blieb es eng, schließlich sorgte Ruben Schott mit einem Ass für den Tiebreak.
In den starteten die LüneHünen mit einem verheißungsvollen 4:0, u.a. mit drei Punkten (davon 2 Blocks) des gar nicht gut ins Match gestarteten Mohwinkel. Auszeit Berlin. Das glich dann ein 2:5 aus, die SVG konterte, mit 8:6 wurden die Seiten gewechselt. Bis zum 11:10 hielt die Führung, doch nun waren insbesondere die Mittelblocker Nehemiah Mote (5 Punkte in diesem Satz) und Timo Tammemaa (3) nicht mehr zu halten. Beim 13:14 hatte Berlin den ersten Matchball, abgewehrt. Nummer 3 verwandelte dann Mote zum glücklichen Sieg des Tabellenführers.
SVG: Kunstmann, Elgert, Elser, Knigge, Ketrzynski, Röhrs – Worsley; eingewechselt: Slivinski, Mohwinkel, Gerken. (hre)
Ehre, wem Ehre gebührt
Budesliga-Spieltag zusammengefasst
Spitzenspiel verloren, Platz 2 verloren: Die SVG, seit Wochen erster Verfolger von Berlin, musste ausgerechnet den Nordrivalen Giesen an sich vorbeiziehen lassen. Der kommt aber nun am 30. Dezember und kann gleich wieder überholt werden.
Der gerade gelaufene 10. Spieltag wird vervollständigt mit der Paarung powervolleys Düren – VC Bitterfeld-Wolfen am 27. Dezember.
10. Spieltag im Stenogramm:
SVG Lüneburg – Berlin Recycling Volleys 2:3
(25:22, 25:21, 17:25, 21:25, 15:17)
130 Min., 3200 Zuschauer
MVP: Ketrzynski
Scorer: Ketrzynski (25), Röhrs (16), Knigge (11), Elser, Mohwinkel (je 7), Kunstmann (5) – Carle (20), Tammemaa (16), Mote (12), Schott (10), Sotola (7), Malescha (6), Tille, Kessel, Krick (je 1)
FT 1844 Freiburg – Netzhoppers KW 3:1
(25:22, 25:20, 21:25, 25:21)
115 Min., 1500 Zuschauer
MVP: J. Schönhagen (Freiburg)
Beste Scorer: Parish (14), Olson (10), Harms, Ristl (je 8) – Wiesner (21), Homberger (12), Möller (10)
TSV Haching München – VfB Friedrichshafen 1:3
(12:25, 17:25, 25:21, 22:25)
89 Min., 614 Zuschauer
MVP: Uhrenholt (VfB)
Beste Scorer: Petrusic (16), Krenkel (8), Günther (7) – Uhrenholt (32), Young (12), Savonsalmi (11)
Baden Volleys Karlsruhe – Helios Giesen Grizzlys 1:3
(21:25, 22:25, 26:24, 20:25)
110 Min., 1144 Zuschauer
MVP: Goldrin (Giesen)
Beste Scorer: J. Sandmeier (18), Korreck (12), Brentel, Schumann (je 9) – Karlitzek (14), Goldrin (11), Ahyi (10), Wagner, Borris (je 9)
ASV Dachau – WWK Volleys Herrsching 1:3
(25:19, 21:25, 16:25, 22:25)
94 Min., 450 Zuschauer
MVP: Timmermann (Herrsching)
Beste Scorer: Gallas (21), Rupprecht (12), Ferch (8) – Timmermann (15), Schneidmiller (13), John (12)
Europacup-NEWS
Nach Düren im CEV Cup ist mit den Giesen Grizzlys ein weiterer deutscher Vertreter international im neuen Jahr nicht mehr dabei. Die Hildesheimer, 3:2-Sieger im Hinspiel, verloren ihr Achtelfinal-Rückspiel im Challenge Cup beim Steaua Bukarest mit 1:3 (25:21, 20:25, 20:25, 19:25) in 103 Minuten. Beste Giesener Scorer: Ahyi (23), Goldrin (12), Baxpöhler (8).
In der Champions League stehen außer Jastrzebski Wegiel im Pool D (mit der SVG Lüneburg) auch die italienischen Clubs Trentino Itas (Pool B) und Cucine Lube Civitanova (Pool E) mit ebenfalls je 12 Zählern schon mit einem Bein im Viertelfinale. Die restlichen Europapokal-Ergebnisse der abgelaufenen Woche:
Champions League, Gruppen-Phase (4.Runde), Pool A:
ZAKSA Kedzierzyn-Kozle – Ziraat Bank Ankara 0:3
Knack Roeselare – Olympiacos Piräus 0:3
Pool B:
Trentino Itas – Tours VB 3:0
Asseco Resovia Rzeszow – ACH Volley Ljubljana 3:0
Pool E:
Cucine Lube Civitanova – VK Lvi Prag 3:0
Greenyard Maaseik – Arcada Galati/Rumänien 3:1
CEV Cup, Achtelfinal-Rückspiele:
SCM Craiova/Rumänien – Warta Zawiercie/Polen 0:3
(Hinspiel 0:3, Zawiercie weiter)
PAOK Saloniki – Allianz Mailand 1:3
(Hinspiel 0:3, Mailand weiter)
Partizan Belgrad/Serbien – SC Dnipro/Ukraine 0:3
(Hinspiel 0:3, Dnipro weiter)
Fenerbahce Istanbul – Dynamo Apeldoorn/Niederl. 3:0
(Hinspiel 3:1, Istanbul weiter)
Challenge-Cup, Achtelfinal-Rückspiele:
Szekesfehervar/Ungarn – Pamesa Teruel/Spanien 0:3
(Hinspiel 0:3, Teruel weiter)
Steaua Bukarest – TSV Giesen Grizzlys 3:1
(Hinspiel 2:3, Bukarest weiter)
Vero Volley Monza – Panathinaikos Athen 3:0
(Hinspiel 3:2, Monza weiter)
In eigener Sache
Die SVG Lüneburg wünscht allen Sponsoren, Gönnern, Unterstützern, Freunden, Fans und Mitgliedern ruhige, erholsame Weihnachten.