
Zawiercie ist gewarnt vor den Qualitäten der LüneHünen
Viertelfinale gegen Polens Topteam ein Sahnehäubchen
Einmal noch in dieser Volleyballsaison erklingt in der LKH Arena die Champions-League-Hymne, und sie wird Großes einläuten. Zum Viertelfinal-Hinspiel gastiert an diesem Dienstag, 19 Uhr, das nächste europäische Topteam in Lüneburg: Warta Zawiercie, in der vergangenen Spielzeit Pokalsieger und Vizemeister in der starken polnischen PlusLiga – das Sahnehäubchen auf eine jetzt schon phantastische SVG-Saison. Diese Runde ist die letzte Stufe vor der Reise nach Lodz zum Final4-Turnier vom 16. bis 18. Mai. Für die SVG Lüneburg wird dieses Event wohl kaum zu erreichen sein, aber es unmittelbar vor Augen zu haben, ist allein schon eine Sensation.
Zwar ist den LüneHünen in der derzeitigen Form vieles zuzutrauen – klarer Favorit aber sind die Mannen von Chefcoach Michal Winiarski, „nebenbei“ Deutschlands Bundestrainer, unbeschadet der Tatsache, dass sie eine beschwerliche Anreise hatten. Dafür war ihnen davor mehr Erholungszeit gegönnt als der SVG seit derem neuerlichen Fünf-Satz-Marathon gegen Berlin. Warta spielte bereits am vergangenen Donnerstag sein extra vorgezogenes Liga-Match – und tat sich überraschend schwer gegen Schlusslicht Bedzin: 3:2 trotz Bestbesetzung.
Feste Starting Six ändert sich selten
Zawiercie hat eine feste Starting Six. Ein Trio davon haben wir an dieser Stelle mit Außenangreifer Aaron Russell, Zuspieler Miguel Tavares und Kapitän Mateusz Bieniek schon ausführlich vorgestellt. Neben Mittelblocker Bieniek spielt mit dem Ukrainer Yuriy Gladyr, zuvor bei Wegiel, ein hier ebenfalls bekannter Mann. Der schon 40-Jährige wird gelegentlich ersetzt durch einen anderen Routinier, von 2001 bis 2005 auch mal bei Wegiel: durch einen gestandenen PlusLiga-Spieler mit dem unaussprechlichen Namen Milosz Zniszczol (38).
Im Außenangriff spielt neben Russell stets Bartosz Kwolek, auf dieser Position in der vergangenen Saison als Bester der PlusLiga ausgezeichnet. Der 27-Jährige ist – natürlich – auch Nationalspieler, gehört aber angesichts übermächtiger Konkurrenz nur zum erweiterten Kreis mit gelegentlichen Einsätzen in der Nations League (VNL). Bei großen Turnieren kommt das Kraftpaket an Spielern wie Wilfredo Leon, Tomasz Fornal, Kamil Semeniuk oder Aleksander Sliwka nicht vorbei. Ein ähnliches Schicksal teilt im Diagonalangriff Karol Butryn hinter Topstars wie Bartosz Kurek, Lukasz Kaczmarek oder Bartosz Bednorz. Butryn-Rivale Kyle Ensing (USA), mal eine Saison in Berlin, kommt eher selten zum Zuge.
Immerhin gewann Butryn mit Polen die VNL 2023. Und gut in Form ist er auch, war in den beiden letzten Warta-Spielen MVP und Topscorer mit weit über 20 Punkten. Eine Ausbeute, auf die der 31-Jährige eher selten kommt. „Er ist kein Brecher, ist eine andere Art Diagonaler als zum Beispiel ein Superlak oder Hanes, bekommt im Normalfall längst nicht so viele Bälle. Eine gute Schulter hat aber auch er“, lautet das Urteil von SVG-Chefcoach Stefan Hübner. Angesichts von Außen wie Russell und Kwolek, die selbst fleißig punkten, ist ein Füttern des Diagonalen mit Bällen auch nicht nötig. Und über die Mitte ist ja auch außergewöhnliche Qualität am Start …
„Die stehen ja in der Liga auch nicht umsonst da oben“, weiß Hübner, was da wieder für ein Kaliber auf seine Mannen zukommt. „Sie spielen ein hohes Tempo, gerne auch mit Pipe.“ Und stark im Aufschlag sind sie auch (Butryn 2. in der Rangliste), da ist jeder jederzeit für ein Ass gut. Zudem ist die Annahme um Libero Luke Perry eine Bank. Der Australier, schon das fünfte Jahr in Polen, wurde in der letzten Saison als Bester seines Fachs ausgezeichnet und ist derzeit 3. dieser Rangliste.
Sätze eng halten bis in die Crunchtime
„Für uns kommt es wie so oft darauf an, durch Aufschlagdruck und eine hohe Qualität den Ball vom Netz weg zu halten. Das ist ja auch eine unserer Stärken – wenn wir die ausspielen können, haben wir eine Chance, die Sätze bis in die Crunchtime eng zu halten“, so Hübner, der hofft, dass die SVG nun die Phase mit Krankheiten und kleinen Wehwehchen überstanden hat. Befürchtungen, dass nach all den 5-Satz-Spielen in jüngerer Zeit langsam die Kraft ausgeht, hat er nicht: „In dieser Saisonphase geht es um die Wurst, da merkt man die Anstrengungen gar nicht so.“ Für die „Mental-Monster“ scheint das auch sonst kein Problem zu sein.
Die Gäste aber sind natürlich gewarnt, haben mitbekommen, was der Emporkömmling von der Ilmenau auch bei scheinbar klaren Rückständen zu leisten imstande ist. Hochmotiviert und darauf bedacht, schon im Hinspiel die Weichen zu stellen, ist Warta ohnehin – vielleicht aber noch mehr, seit vor kurzem das Final4-Turnier nach Polen vergeben wurde: nach Lodz, nur 200 Kilometer entfernt von Zawiercie. Fast ein Heimspiel also.
Rund um das Spiel
Anreise mit Hindernissen: Der Streik des Bodenpersonals an den deutschen Flughäfen hatte auch Auswirkungen auf das Spiel. Weil das Team aus Zawiercie nicht wie geplant per Flug nach Hamburg anreisen konnte, stiegen die Gäste für die 890-Kilometer-Strecke am Sonntagmorgen in den Bus.
Auch das angesetzte Schiedsrichter-Team wurde vom Streik erwischt: Statt des ursprünglich geplanten Trios aus Montenegro, Liechtenstein und Estland wurde kurzfristig eine Lösung mit Referees aus Belgien und den Niederlanden gefunden, die per Auto anreisen können.
Tickets: Das Spiel ist bereits ausverkauft – 3200 Fans sind in der LKH Arena wieder dabei. Zu verfolgen ist es aber auch im kostenpflichtigen Stream auf sportdeutschland.tv.
Autogrammstunde: Nach dem Spiel erfüllen Oskar Espeland und Neo Laumann Autogramm- und Selfie-Wünsche der Fans im Unterrang (hinter dem Lüneblock). (hre/gm)