Italien zurück auf dem Thron
Nach 24 Jahren wieder Weltmeister – Polen abgelöst
Zweieinhalb Wochen mit Volleyball auf höchstem Niveau haben einen verdienten Gesamtsieger: Italien, das in den 1990er-Jahren die Weltmeisterschaft mit drei Siegen dominierte und seitdem leer ausging, ist wieder Weltmeister. Im letzten Jahr schon Europameister mit einer ganz jungen Mannschaft geworden, sind die Italiener mit diesem 4. WM-Titelgewinn endgültig zurück in der absoluten Spitze und scheinen vor einer goldenen Zukunft zu stehen.
Souverän marschierte die Mannschaft von Chefcoach Ferdinando de Giorgi ohne Satzverlust durch die Vorrunde, schaltete dann im Achtelfinale das aufstrebende Kuba (3:1) und als Clou im Viertelfinale den Olympiasieger Frankreich (3:2) aus. Das überraschend starke, aber dann müde Slowenien war im Halbfinale keine Hürde (3:0) und im Finale konnten auch 12.000 lautstarke polnische Fans in Krakau die Südeuropäer nicht stoppen. Mit einem 3:1 (22:25, 25:21, 25:18, 25:20) entthronten sie Polen, den Titelträger der beiden letzten Weltmeisterschafts-Turniere.
Grandioser Libero Balaso hechtet einfach überall hin
Nach verlorenem ersten Satz wurden die Italiener mit jedem Ballwechsel besser, gestützt auf einen überragenden Libero Fabio Balaso, der durch die Halle hechtete, als ginge es um sein Leben, und selbst noch die unmöglichsten Bälle vom Boden kratzte. Ganz großes Kino in einem ohnehin unfassbar hochklassigen Match, wie es auch schon in einigen k.o.-Spielen zuvor zu bewundern gab. Besonders aber in diesem abschließenden Schlagabtausch reihte sich ein extrem langer Ballwechsel an den nächsten – einfach grandios. Auch die Atmosphäre in den Arenen der Austragungsländer Slowenien und Polen war faszinierend, schade nur, dass polnische Fans zu Hunderten durch Pfeifkonzerte bei gegnerischem Aufschlag auffällig wurden. Das ist mit den Werten im Volleyball eigentlich nicht vereinbar.
Italien aber, das schon im ersten Satz klar geführt hatte (22:18) und dann 7 Punkte in Folge kassierte, ließ sich auch davon auf Dauer nicht beeindrucken. Unter der Regie von Zuspieler Simone Giannelli wurden die Angreifer um ihn herum immer sicherer beim Verwandeln seiner variabel verteilten Bälle. Beste Scorer wurden die Außenangreifer Daniele Lavia (19) und der erst 20-jährige Alessandro Michieletto (14 Punkte), dessen Supertalent einmal mehr aufblitzte. Nur in der Annahme erwischten ihn die Polen gelegentlich auf dem falschen Fuß. Giannelli selbst sammelte auch 7 Punkte (5 Angriffe, 2 Asse) und wurde nach seinen herausragenden Auftritten zum besten Zuspieler und sogar zum MVP des Turniers gewählt.
Im Spiel um Bronze sicherte sich Brasilien seine 6. Medaille in Folge bei einer WM. Auch hier begeisterte ein Zuspieler: der hoch dekorierte, seit mehr als einem Jahrzehnt grandiose Bruno. Warum er vor allem in den k.o.-Spielen zumeist erst aufs Feld kam, wenn Brasilien in Bedrängnis geriet – und dann der entscheidende Mann wurde – wird das Geheimnis von Trainer Renan dal Zotto bleiben. Da scheint sich ein Abschied des 36-Jährigen anzubahnen. Ohnehin ist ja Brasilien in die Jahre gekommen, fast alle Spieler der ersten Sechs sind 30 oder weit darüber. Doch selbst von dem Nievau, das der reaktivierte Diagonalangreifer Wallace (35) oder Mittelblocker Lucas (36) weiterhin zeigen können, ist das deutsche Team noch meilenweit entfernt.
Ergebnisse ab dem Viertelfinale
Halbfinals: Polen – Brasilien 3:2 (23:25, 25:18, 25:20, 21:25, 15:12), Italien – Slowenien 3:0 (25:21, 25:22, 25:21), Spiel um Platz 3: Brasilien – Slowenien 3:1 (25:18, 25:18, 22:25, 25:18), Finale: Italien – Polen 3:1 (22:25, 25:21, 25:18, 25:20);
und der Vollständigkeit halber hier noch einmal die Viertelfinals: Italien – Frankreich 3:2 (24:26, 25:21, 23:25, 25:22, 15:12), Slowenien – Ukraine 3:1 (18:25, 26:24, 25:19, 25:23), Argentinien – Brasilien 1:3 (16:25, 25:23, 22:25, 21:25), Polen – USA 3:2 (25:20, 27:25, 21:25, 22:25, 15:12)
NEWS aus der Szene
Der frühere Diagonalangreifer der SVG Lüneburg, Ryan Sclater, wechselt zum Al Jazira SC in die Vereinigten Arabischen Emirate. Zuletzt war der Kanadier drei Jahre in Frankreich, zuerst zwei Jahre in Montpellier, danach in Sète.
Ex-Nationalspieler Denys Kaliberda (32), zuletzt nach einer halbjährigen Auszeit kurzzeitig bei den Netzhoppers KW-Bestensee, hat noch einmal einen Verein in Italien gefunden, geht zu Top Volley Cisterna in der Superlega.
In einem Vorbereitungsspiel auf die WM ab 23. September treffen die deutschen Frauen am Sonnabend, 17. September, um 18 Uhr im Sportforum Hohenschönhausen in Berlin – Heimstatt des VC Olympia – auf Brasilien. Es ist das überhaupt erste Länderspiel auf deutschem Boden seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie.
NEWS aus der Liga
Außenangreifer Timon Schippmann, der die TSV Giesen Grizzlyes nach drei Jahren verlassen hat, hat beim schwedischen Meister Hylte/Halmstadt VBK einen Vertrag bekommen.
Mittelblocker Shonari Hepburn, von den United Volleys Frankfurt im Winter nachverpflichtet, spielt künftig in Rumänien bei Stinta Baia Mare.