Lieber Außenangriff als Libero
Tim Stöhr komplettiert als Allrounder den Kader
Das letzte Puzzlestück ist gefunden und fügt sich bestens in das Gesamtbild ein: Als 12. und letzter Spieler hat nun Tim Stöhr einen Vertrag bei der SVG unterschrieben. Der 24-Jährige ist Außenangreifer, kann aber auch andere Positionen spielen. Und er bringt schon reichlich Erstliga-Erfahrung aus fünf Jahren bei den Volleyball-Bisons Bühl mit.
Tim Stöhr wurde für die SVG interessant, weil er universell einsetzbar ist, und als Bühl aus der Bundesliga zurückzog wurden zügig Nägel mit Köpfen gemacht. Sein sportliches Rüstzeug hatte er von 2013 bis 2016 bei den YoungStars Friedrichshafen, dem Nachwuchsteam der Häfler in der 2. Liga, bekommen, zeitweise war er dort auch Kapitän. Mit dem Internatsteam wurde er 2014 und 2015 zudem deutscher U20-Meister. Schon in seiner ersten Saison 2016/17 in Bühl half der Rechtshänder dann mal als Libero aus.
Gute Annahme beeinflusst ungewöhnliche Karriere
Als sich im Dezember 2018 der Argentinier Tomas Ruiz in Bühl einer Hüft-Operation unterziehen musste, wurde Stöhr erneut um Aushilfe gebeten, übernahm den Posten für den Rest der Saison und blieb dort in der Serie darauf als einziger Libero im Kader. Die Vielseitigkeit brachte den Ur-Schwaben, geboren in Rottweil südwestlich von Stuttgart, schließlich sogar in die Nationalmannschaft – als Libero. Im Sommer 2019 kam eine erste Einladung zum Lehrgang, die folgende Europameisterschaft kam aber wohl noch zu früh. Doch er blieb im Fokus, im Januar 2020 winkte die Teilnahme am Olympia-Qualifikationsturnier in Berlin. Überraschend überredete aber Bundestrainer Andrea Giani noch Oldie Markus Steuerwald zum Comeback. Der bekam dann sogar mehr Spielzeit als Stamm-Libero Julian Zenger.
Im Sommer 2020, als wegen Corona nur zwei Test-Länderspiele gegen Polen anstanden, wurde dann aber auch Stöhr eingesetzt – ein Debüt gleichzeitig mit Florian Krage. Der Ex-LüneHüne war damals auch sein Zimmergenosse in der Sportschule Kienbaum. Trotz allem wollte Stöhr aber zurück in den Außenangriff. „Das ist meine Lieblingsposition. Als Libero fühle ich mich auf Dauer nicht ausgelastet, vor allem im Training. Da fehlen mir einfach die Sprünge. Außen macht es viel, viel mehr Spaß.“ Dafür geht er auch das Risiko ein, seine Chance im Nationalteam zu verspielen. „Wenn das so kommt, dann muss ich das akzeptieren. Einsätze dort oder auch Lehrgänge sind ein schöner Zusatz. Mein Hauptaugenmerk liegt aber beim Verein, da verdiene ich sozusagen meine Brötchen, da will ich mich weiter entwickeln.“
Für Bundestrainer Andrea Giani blieb Stöhr trotz des erneuten – und untereinander abgesprochenen – Positionswechsel eine Option als zweiter Libero im Kader, „der ist wohl ein Fan von mir“, erzählt er lachend. Er steht weiterhin auf einer vom Verband veröffentlichten Longlist für den ausgerufenen Neuaufbau im neuen Olympia-Zyklus bis 2024 und wäre wohl bei der derzeit laufenden Nations League auch dabei, zog sich aber in der Endphase der vergangenen Saison einen Bänderriss im Knöchel zu, als er unglücklich umknickte und schon für die Playoffs ausfiel. Die Zwangspause nutzte er dann, um gleich noch durch eine kleine Knie-Operation alte Probleme beheben zu lassen. Nun läuft die Reha, und das Nationalteam, in dem andere Außenangreifer abwechselnd als 2. Libero auf dem Spielberichtsbogen stehen, verfolgt er nur im Stream.
Selbst beim Bundestrainer als Libero interessant
Mal Außenangreifer, mal Libero – die Karriere von Stöhr verlief bisher nicht gerade gradlinig. „Ich könnte alles spielen“, erzählt SVG-Neuzugang Nummer 5 dieses Sommers schmunzelnd, „bei Bühls Auswärtsspiel in der letzten Saison in der Gellersenhalle bin ich sogar als Diagonalangreifer aufgelaufen.“ 3:1 gewannen die Bisons, der 2,04-m-Hüne steuerte noch 9 Punkte bei, als er nach Kurzeinwechselungen zuvor zum vierten Satz durchgängig aufs Feld kam. Wechselhaft wie dieses Match verlief für den 2,04-Meter-Mann die ganze Saison. Außen schlugen die Neuzugänge Niklas Kronthaler und Tomas Lopez groß ein. Stöhr lieferte dann nach vielen Teileinsätzen aber im Winter, als Lopez verletzt fehlte.
„Er macht viele Dinge gut, ist universell einsetzbar, das ist für uns interessant und kann noch sehr wichtig werden“, weiß SVG-Chefcoach Stefan Hübner die Vielseitigkeit zu schätzen. „Bisher hatten wir ja Glück, dass uns nie der Libero ausgefallen ist und wir da nie mit einem in der Annahme guten Spieler improvisieren mussten. Zum Beispiel Jordan Ewert. Der hätte uns ja dann wiederum auf seiner Stammposition gefehlt.“ Tyler Koslowsky hat in der Tat in bisher vier Spielzeiten noch nicht ein Match versäumt.
Stöhr ist aber vor allem auf der Position Außen/Annahme eingeplant. „Da will er Vollgas geben und sich weiter entwickeln. Und es ist ja auch noch Potenzial da. Vieles macht er ohnehin gut, es fehlt nur das eine, überragende Element. Aber daran werden wir arbeiten“, hat Hübner ihm schon klar gemacht. Der Spieler selbst ist heiß auf diese Arbeit: „Dieser Trainer ist bekannt dafür, Spieler zu verbessern. Und dass es menschlich zwischen uns passt, habe ich bei den Gesprächen schon festgestellt. Ich freue mich auf die SVG und wechsele zuversichtlich, komme jedenfalls nicht, um mich nur auf die Bank zu setzen. Wenn der Trainer mich braucht, bin ich da, das war in meiner Karriere immer so, darauf kann er vertrauen.