Lust auf mehr Länderspiele
Florian Krage will dabeibleiben
Auch Konrad Thole mit wertvollen Erfahrungen von der Nationalmannschaft zurückgekehrt
Ein Debüt in der Nationalmannschaft ist ohnehin schon etwas Besonderes, dieses wurde aber ganz speziell: Ausgerechnet gegen Polen, den Weltmeister von 2014 und 2018, bestritt LüneHüne Florian Krage sein erstes A-Länderspiel, dem am Abend darauf auch gleich noch Nummer zwei folgte. Und speziell waren diese Einsätze auch deshalb, weil sie fast ohne Fans stattfanden – in einer opulenten Arena für eigentlich mehr als 6000 Zuschauer.
Wer die Spiele im Internet-Stream oder tags darauf im Fernsehen verfolgte, konnte sich schon mal ein Bild machen, wie es in der kommenden Bundesliga-Saison auch in der ein oder anderen hiesigen Halle Corona bedingt aussehen könnte: Um den trostlosen Anblick leerer Ränge zu vermeiden, füllten „Pappkameraden“ mit dem aufgeklebten Konterfei von Fans die Lücken. Ein Public Viewing im Auto-Kino nebenan wie in der schlesischen Großstadt (140 000 Einwohner) ist aber wohl nur im volleyball-verrückten Nachbarland denkbar.
Besondere äußere Umstände ausgeblendet
„Klar war die Geräuschkulisse anders als üblich in so einer Halle. Aber ich habe das alles gar nicht so wahrgenommen, ich war viel zu fokussiert auf meine Leistung“, blendete Krage die äußeren Bedingungen weitgehend aus. Derart konzentriert, machte der Mittelblocker aber nicht den Eindruck, bei seinem Debüt nervös zu sein. „Nicht? Das wirkte nur so“, antwortet er lachend, „im Kopf war schon ganz schön viel los.“ Schließlich standen auf der anderen Seite des Netzes amtierende Weltmeister zuhauf wie Bartosz Kurek (Diagonalangriff), Fabian Drzyzga (Zuspieler), Piotr Nowakowski (Mittelblock) oder Alexander Sliwka (Außenangriff) und, nicht zu vergessen, der eingebürgerte kubanische Weltstar Wilfredo Leon.
Hinzu kommen nachdrängende Stars wie Bartosz Bednorz (Außen), der jetzt zu Zenit Kazan wechselt, oder Maciej Muzaj (Diagonal), der schon in Russland spielt. Trotz all dieser großen Namen sagte übrigens Polens Nationaltrainer Vital Heynen, dass nur einer seinen Platz im Olympia-Kader für Tokio 2021 sicher hat: Kapitän Michal Kubiak, der bei der WM 2018 als bester Außenangreifer ausgezeichnet wurde und seitdem auch in Japan, bei den Panasonic Panthers, spielt. Wohl dem, der so eine Qual der Wahl hat wie Heynen, der verpflichtet wurde, um mit Polen Olympia-Gold zu holen.
Viele große Namen also, aber das deutsche Team bot gut Paroli – mit Youngstern wie Krage, einem von letztlich nur zwei Debütanten neben Zuspieler Johannes Tille (Herrsching) und dazu bisher wenig eingesetzten Spielern wie Lukas Maase, Linus Weber und Tim Stöhr. Und der Lüneburger überzeugte, kam im ersten Duell auf eine Angriffsquote auf 60% und im zweiten auf 67%. Bei seinen insgesamt 15 Aufschlägen wurde nur ein Fehler notiert, „aber ein paar mehr Bälle hätte ich vielleicht noch blocken können“, war er nur in einem Bereich nicht ganz zufrieden. Drei Blocks waren es im ersten Match, keiner tags darauf.
Die Konkurrenz ist groß, aber viele Aufgaben warten
Vom Trainerteam und erfahrenen Spielern wie Kapitän Christian Fromm gab es ein positives Feedback, „und auch aus den Trainingseinheiten habe ich viel für mich mitgenommen und gehe jetzt mit Selbstvertrauen in die Saison“, so Krage, der sich als eine Alternative im Mittelblock empfohlen hat. Nach dem Miniprogramm der Nationalmannschaft in diesem Sommer steht schließlich im neuen Jahr erst im Mai/Juni die Nations League mit insgesamt fünf Turnieren auf mehreren Kontinenten und dann im August/September die Europameisterschaft in Finnland, Estland, Polen und Tschechien an. Die Lehrgänge vorab jeweils hinzugerechnet bliebe da nicht viel Zeit für Urlaub. Trotzdem will Krage seine Chance suchen. „Klar, ich würde schon gerne dabeibleiben. Dazu muss ich aber auch auf diesem Niveau im Verein weiterspielen“, ist ihm bewusst, wie groß der Konkurrenzkampf ist.
Vom ursprünglichen 22er-Lehrgangskader in den 16er-Spieltagskader hatte es auch Konrad Thole geschafft, kam aber in beiden Spielen nicht zum Einsatz. Übermäßig enttäuscht ist der 20-Jährige deshalb nun nicht. „Klar möchte man gerne spielen, wenn man schon dabei ist. Aber der Trainer hat anders entschieden, damit muss man leben, wir sind Profis. Für mich überwiegt das Positive, die vielen Trainingseinheiten auf allerhöchstem Niveau. Da haben die Trainer viel mit mir gearbeitet, zum Beispiel im Aufschlag. Und es war schon toll, überhaupt so weit zu kommen. Damit konnte ich nicht rechnen, wenn man sich mal die Liste der Konkurrenten ansieht“, verweist der Außenangreifer auf Christian Fromm, Moritz Reichert, Ruben Schott und den in beiden Spielen sehr starken, noch nicht ganz so etablierten Moritz Karlitzek. Und Spieler wie Denys Kaliberda oder David Sossenheimer waren ja dieses Mal noch nicht einmal nominiert.