Sprungstarker Howe flog unter dem Radar
„Es war direkt klar: Wir brauchen einen neuen Spieler”, blickt Hübner einige Tage zurück. „Aber das war kein Panik-Modus, sondern ein klarer Blick: Welche Spieler gibt es jetzt? Wo finden wir einen bestimmten Spielertyp? Es gibt viele gute Mittelblocker, aber Shane hat eine gute Qualität. Um ihn zu ersetzen, war der Markt nicht riesig.”
Die Lösung zeichnete sich schnell ab: “Jackson Howe hat mich selbst angeschrieben. Wir kennen uns aus meiner Zeit beim kanadischen Nationalteam.” Für Hübner war der Mittelblocker, der zuletzt drei Jahre für den aktuellen französischen Vizemeister Poitiers spielte – von dem ja auch der neue Diagonalangreifer Christopher Byam kommt – die passende Konstellation: “Er hatte noch keinen neuen Vertrag, war dort zuletzt auch verletzt – das war gut für uns, denn dadurch war er für viele vielleicht nicht auf dem Radar. Wir sind sehr happy, diese Lösung gefunden zu haben – und hoffen, dass auch Shane schnell fit wird!”
TWU-Coach beeindruckt vom “Athletik-Freak”
Jackson Howe, 27-jähriger Kanadier aus der Region Ottawa, stammt aus dem Talentepool der Trinity Western University (TWU). Dort studierte er fünf Jahre lang Business Management. Bei den “Spartans” wurde die SVG ja schon wiederholt fündig. Bereits an der TWU überzeugte der junge Howe und hatte schnell Eindruck hinterlassen.
“Wenn du in eine High-School-Sporthalle kommst und plötzlich springt dort einer mit der Hüfte über Netzhöhe, dann weißt du: das ist ein Athletik-Freak!”, erinnerte sich TWU-Headcoach Ben Josephson 2022. Noch heute hält Howe mit 3,75 Meter Angriffshöhe den Allzeit-Rekord der ”Spartans”. 2022 startete er seine Profikarriere in Poitiers, feierte im gleichen Jahr auch sein Debüt im kanadischen Nationalteam und holte u. a. den Titel beim PanAm-Cup 2024, wurde dort zweitbester Mittelblocker und achtbester Scorer.
Für Stefan Hübner war der 1,95-Meter-Mann Howe jetzt nicht gänzlich neu im Blick: “Wir hatten schon versucht, ihn direkt vom College zu holen. Er hatte sich dann für Frankreich entschieden, es in den ersten beiden Jahren dort sehr gut gemacht, war sehr stabil.” Er beschreibt die Stärken des Neu-LüneHünen: “Er ist ein besonderer Typ, für einen Mittelblocker eher klein. Aber er hat lange Arme, dadurch eine große Reichhöhe, zudem eine wahnsinnige Physis. Er ist ein Typ wie Jordan Schnitzer – die beiden waren auch schon am College wie Zwillinge …”
Howe ist längst in der “SVG-Bubble”
Mit Schnitzer hört Howes SVG-Bezug längst nicht auf – klar, dass er in Sachen neuem Club bestens im Bilde ist: “Ich freue mich schon riesig! Ich kenne ja viele SVG-Jungs: Xander, Pearce, Jesse, Jordan, …”, zählt er auf. “Ich kenne System und Team, obwohl ich noch nicht mal in Lüneburg war.” Das von den Kollegen Gehörte hat ihn jedenfalls überzeugt: “Ich habe nur Gutes gehört! Die Arena hat eine ansteckende Stimmung, die Fans sind großartig, die Bedingungen und der Staff sind sehr professionell. Und Stefan baut immer wieder ein Team, das sich mit den Besten messen kann.” Howe ist sicher: “Die SVG ist ein besonderer Ort, um zu spielen und um einen Titel kämpfen zu können.”
Besonders zu SVG-Rückkehrer Jesse Elser hat Howe einen engen Draht. “Wir kennen uns, seit wir 12, 13 waren. Unsere Väter haben an der Universität von Calgary zusammengespielt. Ich hab’ ihn dann bei einem Sommercamp wiedergetroffen. Später waren wir fast durchgehend in den gleichen Teams an der Highschool und in der Uni. Und in Frankreich haben wir dann vor Kurzem das erste Mal gegeneinander gespielt”, sagt Howe lachend. Jetzt ist das Duo wieder vereint: “Meistens haben wir gemeinsam gewonnen, haben eine Menge Erfolge gefeiert”, sieht Howe ein gutes Omen.
Auch die erneute, diesmal längere Zusammenarbeit mit Stefan Hübner – im Sommer 2022 war Hübner Co-Trainer von Team Canada – ist für Howe ein Pluspunkt: “Er ist ein sehr professioneller Coach, behandelt Leute mit Respekt und versucht für jeden Spieler die beste Lösung zu finden.” Was Howe besonders begeistert: “Ich hatte noch nie einen Coach, der vorher als Spieler selbst Mittelblocker war. Das wird eine neue Erfahrung, wenn jemand das Spiel aus einem anderen Blickwinkel sieht. Da ist der Bezug enger, auch die Ratschläge sind vielleicht andere. Ich habe mich schon stark entwickelt, als ich das letzte Mal mit Stefan in der Halle stand – und ich freue mich darauf, das fortzusetzen!”
Mit Poitiers wurde er zuletzt Vizemeister in Frankreich. Allerdings konnte er aufgrund einer Verletzung nur ein Playoff-Spiel bestreiten, absolvierte auch in der Hauptrunde nur 15 von 24 Spielen. “Rund um Weihnachten hatte ich Schmerzen im Bein. Es dauerte etwas, bis die Ursache gefunden war: ein Problem an der Bandscheibe. Ich brauchte keine OP, war bei einem Rückenspezialisten in Kanada, bin wieder 100 Prozent zurück – und stärker als vorher!”
Mit Kanada bei VNL-Woche 3
Das will er gern schon im Sommer beweisen. Mit Kanada geht es für Howe, beim VNL-Start zunächst nur Reservespieler im Kader, zur dritten Turnierwoche nach Slowenien. “Ich hoffe, dass ich dort auch Spielzeit bekomme”, ist Howe heiß auf den nächsten Schritt und vielleicht sogar eine WM-Chance. Das hat auch Hübner im Blick: “Je nach System muss er vielleicht mit Jesse um einen Platz im Kader kämpfen.” Etwas Positives kann der SVG-Coach der Konstellation abgewinnen: “Sollte Kanada bei der WM lange dabei sein und Jesse und Jackson erst spät nach Lüneburg kommen, kennen sie unser System schon.”